Sunday, November 06, 2005

Buchrezension: Wenn ich einmal gross bin von José Mauro de Vasconcelos

Man nehme sich einen verregneten Sonntag, einen warmen Tee, Taschentücher, eine Decke und dieses Buch.
Die Geschichte spielt in Brasilien und zeigt durch die Augen des fünfjährigen Sése wie es sich in den Armenvierteln lebt. Die Geschichte beruht auf wahren Gegebenheiten und die Tatsache, dass sein Lieblingsbruder Luis und seine Schwester Gloria, von denen im Buch die Rede jung gestorben sind macht das ganze noch trauriger.
Für Sése ist die Welt jedoch nicht nur traurig sondern ein einziges Abenteuer. Seine Familie ist arm weil sein Vater arbeitslos ist. Dies hindert den kleinen Jungen jedoch nicht daran sich mit Bäumen oder Fledermäusen zu unterhalten oder seinem „inneren Teufel“ zu folgen, der ihn ständig zu Streichen verleitet. Deswegen wird er zum Sündenbock der Familie degradiert und obwohl er noch ein Kind ist, fragt er sich was er auf dieser Welt verloren hat. Er ist verzweifelt, bis er Portuga, den „bösen“ Portugiesen kennenlernt… Portuga bringt Sésé bei, was echte Zuneigung ist. Für den Jungen beginnt die glücklichste Zeit des Lebens bis ein Unglück ihn aus seinen Träumen in die Realität zurückkatapultiert.
Es ist aus der Perspektive des Jungen geschrieben, manchmal verfällt der Autor jedoch aus unersichtlichen Gründen in die Erwachsenensprache, es stört beim Lesen jedoch nicht.
Wer mal nicht nur einfach Fakten sondern eine Geschichte aus den Slums von Brasilien lesen möchte ist hier richtig. Der Autor schafft es, selbst in Erwachsenen diesen Sinn für den Zauber der Welt zu wecken und im nächsten Moment weint man mit Sésé weil man weiss, dass es hunderttausende solcher Kinder wie ihn gibt.
Wenn der verregnete Sonntag sich dem Ende zuneigt, der Tee ausgetrunken und die Taschentücher gebraucht sind nehme man die Decke und schaue aus dem Fenster. Wer weiss vielleicht sieht man die Welt für einen Moment wie Sésé, die Farben der Welt in einem Wassertropfen….

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