Sunday, April 23, 2006

Postmoderne (zur Abwechslung mal was Ernstes)

Es gibt Vorteile- ach nein nicht Mehrzahl. Also es gibt einen Vorteil in so einem oeden Ort wie Stamford zu sein; man hat Zeit sich ein neues Hobby zuzutun. In meinem Fall fotografieren. Obwohl ich Alice im Wunderland noch nie gelesen habe, stelle ich mir vor, dass sie sich aehnlich gefuehlt hat wie ich, wenn sich mein Blick auf die Welt langsam, aber trotzdem schnell genug aendert um es festzustellen. So wie jetzt wo ich in meinen Traeumen die Welt durch den Sucher sehe. Mal ueber-, mal unterbelichtet um einen gewissen Effekt zu erzeugen.

Ich habe darueber nachgedacht warum Landschaftsbilder meine Lieblingsfotos sind.

Im Westen ist eine grosse Verunsicherung, an manchen Orten fast Depression auszumachen. Ich und meine Freunde sind in einer desillusionierten Welt aufgewachsen. Damit meine ich nicht Zuerich, das ist ja idyllisch im Vergleich zu anderen Orten. Nein, ich denke an den Zeitgeist. Realitaet ist ueberall und sie wird als brutal dargestellt. Wir haben keine gemeinsame Mission, keine gemeinsamen Traeume mehr. Die Revolution war gestern und sie hat nicht geklappt. Jeder geht seinen eigenen Weg und gibt seinem Leben einen anderen Sinn. Und fast jeder, ob er es zugibt oder nicht, hat ab und zu dieses unterschwellige Gefuehl, dass sich die Zeiten nur zum Schlechten aendern werden. Der "freie" Markt hat fast alles unterworfen was frueher noch in die Welt der Traeume gehoerte wie Sport, Literatur oder die Musik. Wir werden mit immer mehr und mehr virtuellen Infos aller Art bombardiert, aber nichts von dem macht uns gluecklich. Punkt.

Ich glaube, dass alles was soeben beschrieben wurde irgendwie stimmt. Aber wenn das die ganze Wahrheit waere, koennte man sich ja gleich ganz verabschieden.

Seit ich hier bin habe ich drei Sonnenuntergaenge gesehen. Das weiss ich ganz genau, weil ich bei jedem das Gefuehl hatte es festhalten zu muessen weil kein anderer Sonnenuntergang, in der Geschichte des Universums, jemals so ausgesehen hat oder wieder gleich aussehen wird. Ist es dann nicht eine Ehre dabei sein zu duerfen, ohne Eintritt zu bezahlen oder sonst etwas dafuer tun zu muessen?
Oder die Blueten an den Baeumen. Es ist nicht moeglich schlechtgelaunt im Buero anzukommen, wenn man vorher die weissen Blueten und die Rinde eines Baumes, dessen Name ich leider nicht weiss, studieren konnte.



Dieser Baum hat gestern die ersten Blaettchen bekommen und obwohl ich mich auf den Sommer freue, ist diese Transformation traurig und erfreulich.

Aus diesem Grund liebe ich Landschafts- und Naturbilder. Sie sind gleichzeitig ein Tor in die Welt der Phantasie und doch sind sie real.
Wir alle kennen die beschissenen Dinge des Lebens. Und falls jemand sich mal traut, seinen Blick auf etwas anderes zu richten, ist er jemand der die Realitaet verdraengt. Tausende Bilder dokumentieren das Elend des Lebens. Das ist auch noetig, aber nicht um mehr Zeitungen zu verkaufen, sondern um eine Verbindung zu diesen Menschen herzustellen, damit Loesungen gesucht und gefunden werden.

Ich denke jedoch wenn wir uns weiterhin in diesem Masse dem witmen, verdraengen wir auch die Realitaet.

In Hawaii habe ich fast jeden Tag einen Regenbogen gesehen.
Eichendorffs Gedicht Mondnacht habe ich schon zigmal gelesen.
Zuerichs Grossmuenster habe ich mir ueber tausend mal angeschaut.

Diese Dinge haben eins gemeinsam: ich kann mich nicht an ihre Schoenheit gewoehnen. Das einzige Mittel damit umzugehen ist zu staunen was das Leben doch alles so hervorbringt. Immer wieder, denn es ist Realitaet. Eine Realitaet die ich nicht aufzugeben bereit bin.
Ihr hoffentlich auch nicht.

Klickt mal auf den Titel. Der bringt euch zu einem Kuenstler der aehnlich zu denken scheint. Viel Spass. Posted by Picasa

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